Im Folgenden soll nicht nur
die Zukunft des E-Learnings im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen, sondern
auch der Versuch einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Thema dargestellt
werden.
Wernstedt und John-Ohnesorg streichen in
ihrem Konferenzprotoll zum Thema Neue Medien in der Bildung „die Hoffnung auf
ein moderneres, individuelleres, selbstbestimmteres Lernen mit digitalen
Medien“ (Wernstedt
& John-Ohnesorg, 2008, S. 5) hervor,
weisen aber im nächsten Satz auf gebotene Skepsis hin, denn „zu häufig schon
sind Bildungsrevolutionen durch neue Techniken ausgerufen worden“ (Wernstedt & John-Ohnesorg, 2008),
welche aber dann nie eingetreten sind. Diese kritische Betrachtung soll aber
nicht dazu führen, sich Neuen Medien gegenüber zu verschließen, denn zeigen
sich weitreichende Chancen für die Bildung, welche schon durch den
selbstverständlichen Umgang der SchülerInnen mit den Neuen Medien vorgezeichnet
sind. Schon 2006 nutzten laut PISA 90 Prozent der Jugendlichen in Deutschland
den Computer, kommunizierten über soziale Medien und nutzten alle ihnen zugänglichen
Medien, um sich Informationen zu beschaffen.
Als wesentlicher Einflussfaktor zum
erfolgreichen Einsatz von E-Learning muss aber auch die Technik bzw. die
Ausstattung an den Schulen angesehen werden. „Die Technik muss funktionieren –
verbesserte Ausstattung und langfristige Nutzungsmöglichkeiten sichern.“ (Wernstedt & John-Ohnesorg, 2008, S. 8)
Studien von Prof. Dr. Bardo Herzig und
Sandra Aßmann von der Universität Paderborn zeigen recht deutlich, „der Zugang
zu und die Nutzung von digitalen Medien hängt in Deutschland nach wie vor vom
sozioökonomischen Status ab.“ (Wernstedt & John-Ohnesorg, 2008, S. 41)
Die
Schule kann hier einen Ausgleich schaffen und allen SchülerInnen in gleicher
Weise die Chance zu einem Zugang zum Computer bieten, unabhängig von ihrem
sozialen Status. Initiativen wie „Schulen ans Netz“ versuchen in Deutschland
die Computerausstattung, den Netzzugang in ihrer Qualität und auch die Anzahl der
Computer an Schulen zu steigern. Ähnliche Probleme finden sich auch in
Österreich, und gerade hier kann ein wesentlicher Ansatzpunkt für die Zukunft
von E-Learning in der Schule gesetzt werden.
Die Kompetenzvermittlung unserer SchülerInnen
im Bereich des E-Learnings muss in der Zukunft vermehrt von den Schulen
getragen werden, wobei aber als Voraussetzung eine fundierte Ausbildung der
Lehrkräfte notwendig erscheint. „Nimmt man das Ziel, neue Medien in der Schule
verstärkt einzusetzen, ernst, dann ist die Fortbildung der Lehrerschaft in
diesem Bereich unabdingbar.“ (Wernstedt
& John-Ohnesorg, 2008, S. 8)
„Lehrende wie Lernende, Schulleitungen und
Bildungsexperten müssen jedoch selbst dazu beitragen, indem sie Erfahrungen mit
den neuen Medien in der Schule weitergeben, evaluieren und kontinuierlich
entwickeln und so zu einer Qualitätskontrolle des Lernens und Lehrens mit
eLearning-Instrumentarien beitragen.“ (Revermann,
2008, S. 51)
In einem Interview mit den Autoren
des Buches „Digitale Lernwelten“ (2010) skizzieren Arnold und Reinmann die
Zukunft digitaler Lernwelten. Dieser Ansatz wird auch in Bezug auf die
vorliegende Betrachtung als passend angesehen, handelt es sich gerade bei Reinmann
um eine der führenden WissenschaftlerInnen, die sich mit den Themen E-Learning,
Blended Learning und im Speziellen dem Bildungsbereich beschäftigen.
Reinmann sieht enorme Chancen in Web
2.0 Anwendungen, aber auch in der Aufgabe, die dafür notwendigen Kompetenzen in
der Organisation Schule aufzubauen. Die Chance diese Kompetenzen im Umgang mit
neuen Medien zu erlernen und diese auch selbstständig zu nutzen, erscheint auch
Arnold als wesentlich.
Das Öffnen der Institution Bildung und die Wandlung zu
einer flexiblen und lernenden Organisation kann sogar zu einer „Aufklärung 2.0“
(Arnold & Reinmann, 2010, S. 292) führen.
„Bildung muss sich entgrenzen, Bildungsinstitutionen
müssen ihre Lernorte flexibilisieren, Mixed-Mode-Strukturen entwickeln…“ (Arnold
& Reinmann, 2010, S. 292).
Hier schließt sich auch der Kreis zu einem meiner Lieblingsthemen - der Kollaboration innerhalb des Lehrerkollegiums, zur Schule als lernender
Organisation, zu Wissensmanagement im Bildungsbereich und zum Blended Learning.
Der Lernende, egal ob Schülerin oder LehrerIn, soll eine eigenständige
Entwicklung machen können, gezielt Informationen aus dem Internet holen,
„mediale Kommunikations- und Kooperationswege im Alltag nutzen“ (Arnold &
Reinmann, 2010, S. 292), differenziert und dynamisch mit Vernetzungen umgehen
können, aber auch den Bezug zur realen Welt durch „klassische Ziele wie
Selbstorganisation, Relexion und Verantwortung“
(Arnold & Reinmann, 2010, S. 292) nicht verlieren.
Abschließend sei betont, dass beide
Wissenschaftler den Wandel zu mehr Professionalisierung im Lehrberuf als
Voraussetzung sehen: „Dieser Prozess wird neuartige Professionalitätsmuster von
uns verlangen.“ (Arnold & Reinmann, 2010, S. 293)
Zu einer ähnlichen Schlussfolgerung
kommen auch Mayer, Resinger und Schratz in ihrer Zusammenfassung der Ergebnisse
aller teilnehmenden Schulen am österreichischen eLSA-Projekt (eLearning im
Schulalltag) des Bundesministeriums. Durch Innovationen und die Einführung von
Blended Learning an den teilnehmenden Schulen hat es in vielen Schulen auch
einen Wandel der Strukturen gegeben. Viele LehrerInnen haben sich
„ExpertenInnenwissen angeeignet, das vor allem über die Netzwerkarbeit“ (Mayr,
Resinger, & Schratz, 2009, S. 139) weitergegeben wurde. Das informelle
Lernen zwischen den KollegInnen hat sich intensiviert, Chancen für eine
Neuorientierung im Unterricht wurden wahrgenommen, und „durch die Notwendigkeit
der Zusammenarbeit wurde an den Schulen in unterschiedlichen Konstellationen
Teamarbeit gefördert.“ (Mayr, Resinger, & Schratz, 2009, S. 139)
Effekt: Diese
Zusammenarbeit hat in weiterer Folge zu einer besseren und effektiveren
Vernetzung innerhalb der KollegInnen geführt, aber auch „einen bedeutenden
Beitrag zur Unterrichts-, Personal- und Schulentwicklung gemacht.“ (Mayr,
Resinger, & Schratz, 2009, S. 140)