Im Zentrum des
Buches „Generation Internet“ von John Palfrey und Urs Gasser, welches in der Originalfassung
„Born Digital“ heißt, stehen die Jugendlichen und Heranwachsenden, welche
üblicherweise als „Digital Natives“ bezeichnet werden. Die Autoren beschreiben
recht anschaulich, wie diese „New Generation“ lebt, denkt und handelt, wie sie
lernt und sich mit anderen austauscht. Unterschiedliche Zugänge zeigen den
Umgang dieser Zielgruppe mit Identität, Privatsphäre, Sicherheit und vielen
anderen Gebieten des täglichen Lebens.
Howard Gardner,
Harvard Professor im Bereich Psychologie und Erziehungswissenschaft betont die
Wichtigkeit dieses Buches im Verständnis und Umgang mit jungen Erwachsenen, und
meint dazu „Jeder Versuch zu verstehen,
was es bedeutet, in der digitalen Welt aufzuwachsen und sein Leben darin zu
verbringen, muss ab heute mit der Lektüre dieses herausragenden Buches beginnen.“
(Palfrey &
Gasser, 2008)
Aus der Sichtweise eines Pädagogen erscheint mir das
Kapitel „Lernen“ als besonders interessant und grundlegend für das Verständnis für
diese neue Art der Wissensaneignung.
Besonder in den letzten 30 Jahren hat sich der Begriff des „Lernens“
grundlegend geändert, und moderne Schulen und Universitäten haben erkannt, dass
gezielte Investition in eine gute technische Infrastruktur wesentlich für den
Erfolg von Schule und Bildung beiträgt. Neben klassischem Unterricht, welcher nach wie
vor seine absolute Berechtigung hat, muss aber auch die Öffnung zu neuen
Lernmethoden bzw. die Auseinandersetzung mit der Generation der „Digital
Natives“ stattfinden bzw. zugelassen werden. Schule ist Teil der Gesellschaft
und bereitet auf Berufswelt und Studium vor – ein Vorenthalten digitaler Medien
und Zugänge wäre sicher nicht im Sinn einer modernen Ausbildung. Deshalb
erscheint es als wesentlich, das neue Lernverhalten der Jugendlichen gezielt in
Unterricht und Schulalltag einzubauen – Voraussetzung dafür ist eine ständige
Weiterentwicklung der Lehrkräfte selbst – angepasst an die Anforderungen der
modernen Gesellschaft.
„Damit Universitäten sich an die Gewohnheiten von
Digital Natives und ihre Art der Informationsverarbeitung anpassen können,
müssen Lehrkräfte akzeptieren, dass Lernvorgänge sich seit Beginn des digitalen
Zeitalters rapide verändert haben und weiter verändern werden.“ (Palfrey & Gasser, S. 289, 2008)
Für Digitale Natives bedeutet Recherche ein Suchen in
Google, ein Durchforsten von verschiedenen Foren und Communities – Zeitungen werden
in Form von Onlinenews am Handy oder Laptop gelesen und Vernetzung mit anderen findet
über unterschiedlichste Kanäle statt.
Kritisch betrachtet soll hier festgestellt werden, wie
sich diese Änderung des Lernverhaltens und der Informationsbeschaffung auf die
Zukunft der Generation Internet auswirkt. „Behalten Kids die Informationen, die
sie online beziehen nachhaltiger oder weniger nachhaltig im Kopf als Material,
das sie in gedruckter Form studiert haben?“ (Palfrey & Gasser, 2008)
Eine vor kurzem in Deutschland erschienene repräsentative Studie "Digitale Angebote
- neue Anreize für das Vorlesen?" der Wochenzeitung DIE ZEIT, der Stiftung Lesen und der Deutschen
Bahn belegt, dass gerade digitale Medien zu einer Steigerung des Lesens in Familien
führt, wo „Lesen bzw. das Vorlesen“ einen eher geringeren Stellenwert hatte.
„Digitale Vorleseangebote bieten neue Möglichkeiten, Familien zu erreichen, bei denen das Lesen und Vorlesen einen geringeren Stellenwert hat.“ (TeachersNews, 2012)
„Digitale Vorleseangebote bieten neue Möglichkeiten, Familien zu erreichen, bei denen das Lesen und Vorlesen einen geringeren Stellenwert hat.“ (TeachersNews, 2012)
Hervorzuheben sei laut Autoren der Studie aber auch die
Tatsache: "Diese
Elterngeneration integriert die neuen Technologien ganz selbstverständlich in
den Alltag mit ihren Kindern. Und mithilfe von Bilder- und Kinderbuch-Apps
können sie heute in ganz anderen Situationen und an anderen Orten vorlesen als
bisher", erläutert Dr. Rüdiger Grube. "Kurz gesagt: Bücher sind fürs
Kuscheln, Apps für die Bahnfahrt oder das Wartezimmer." (TeachersNews, 2012)
Hier schließt sich auch der Kreis zum Buch, denn die
Annahme, dass Digitale Natives nur unreflektiert Informationen aus dem Netz
übernehmen und lesen stimmt nur teilweise. Studien zu Folge hat sich die Art
und Weisen wie Jugendliche Informationen aufnehmen grundlegend geändert – „sie
interagieren konstruktiv mit Informationen“ (Palfrey & Gasser, S. 291, 2008) Sie
schnappen den ganzen Tag über Informationen auf, verarbeiten sie und im
Gegensatz zu früheren Generationen, werden diese auch aktiv auf deren Blogs und
sozialen Medien weitergegeben – Web 2.0 als Interaktion.
„Digitale Natives sind also sehr versiert, wenn es um
das Sammeln von Informationen geht. Die Menschen, denen unsere Besorgnis gelten
sollte, sind diejenigen, die zwar im digitalen Zeitalter aufwachsen, aber nicht
über ausgeklügelte Sammel – und Verarbeitungstechniken verfügen oder nicht
gelernt haben, auf der Basis ihres Wissens selbst kreativ zu werden und es mit
anderen auszutauschen.“ (Palfrey &
Gasser, S. 291, 2008)
Besonderes Augenmerk soll hier auf die Aufgabe der
Schule und verschiedenster Bildungseinrichtungen gelegt werden, denn hier sollte
der Zugang zu dieser Art der Informationsverarbeitung gelegt werden. Ein
Zurechtfinden in der unüberschaubaren Informationsflut und ein objektives
Einschätzen vom Wert einer Information muss eine Säule modernen Unterrichts
sein. Als Voraussetzung für den richtigen Umgang mit Digitale Natives ist aber
eine eigenen Auseinandersetzung und Reflexion der eigenen Lernsituation nötig.
Wo benötige ich selbst Hilfe? Was bereitet mir Sorge bzw. wo finde ich mich nicht zurecht? Welche digitalen Kompetenzen muss ich mir aneignen, um in dieser raschen Entwicklung Schritt halten zu können?
Wo benötige ich selbst Hilfe? Was bereitet mir Sorge bzw. wo finde ich mich nicht zurecht? Welche digitalen Kompetenzen muss ich mir aneignen, um in dieser raschen Entwicklung Schritt halten zu können?
Die Faktoren Zeit und Wissen erscheinen dabei als
wesentlich. Fortbildung und Weiterbildung, gerade im Bereich der sich rasch
ändernden digitalen Welt, sind dabei als zielführend für die Bewältigung neuer
Bildungsaufgaben anzusehen…
Literatur:
Palfrey, J.,
& Gasser, U. (2008). Generation Internet, Die Digital Natives: Wie sie
leben - Was sie denken - Wie sie arbeiten. München: Carl Hanser Verlag.
TeachersNews.
(30. Oktober 2012). http://www.teachersnews.net. Abgerufen am 3.
November 2012 von
http://www.teachersnews.net/artikel/nachrichten/forschung/027598.php
Passender Artikel aus der NY-Times:
http://www.nytimes.com/2012/11/01/education/technology-is-changing-how-students-learn-teachers-say.html?pagewanted=1&_r=1&partner=rss&emc=rss
Passender Artikel aus der NY-Times:
http://www.nytimes.com/2012/11/01/education/technology-is-changing-how-students-learn-teachers-say.html?pagewanted=1&_r=1&partner=rss&emc=rss
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen